Freitag, 25.08.2023

Drei Wochen in Tunesien

Gestern war es genau drei Wochen her, dass ich nach Tunesien gekommen bin.
Es ist lustig, jedes Mal ist ea wieder das gleiche, dass ich am Anfang die Tage und Wochen zähle, die ich in einem anderen Land bin. Bis es irgendwann unübersichtlich wird und im besten Fall: unwichtig. Ob mir das hier passiert, weiß ich noch nicht.
Mein Zeitgefühl ist wieder einmal sehr gegensätzlich: auf der einen Seite verging die Zeit doch recht schnell, auf der anderen hat sie sich aber irgendwie auch sehr gezogen...
Mein Zwischenresümee nach 3 Wochen?
Es ist alles sehr, sehr anders, als alles was ich gewohnt bin und bisher kennengelernt habe. Das hat mich am Anfang sehr verunsichert und tut es auch jetzt noch in Situationen, die ich nicht vorhersehen kann. Trotzdem finde ich es super spannend und faszinierend und schon jetzt eine unglaubliche Bereicherung.

Und eigentlich fühle ich mich auch wohl. Uneigentlich gibt es aber Dinge, die ich angehen sollte und zumindest aktiv probieren sollte, sie zu verändern.
Das ist zum einen meine Situation in der Firma. Momentan fühlt es sich eher als unterbezahlter Job an und nicht als Praktikum: ich gebe selbstständig und ohne jegliches Feedback Unterricht und bereite diesen vor. Gestern hab ich darüber tatsächlich mit Hiba reden können und gefragt, ob es möglich ist, auch in weitere Bereiche des Unternehmens Einblicke bekommen zu können. Sie meinte daraufhin, dass dies sowieso der Plan war und die ersten drei Wochen quasi als Einstieg gedacht waren und jetzt nach und nach verschiedenen andere Dinge dazu kommen werden.

Ein zweiter, noch größerer und unangenehmerer Punkt ist die Wohnsituation. So sehr ich Hiba dankbar bin für ihre Gastfreundschaft und ihre Bemühungen mich in Tunesien einzuführen, würde ich mir sehr einen eigenen Platz zum Wohnen wünschen.
Wir sind beides erwachsene Menschen, die normalerweise alleine wohnen und das ja auch aus Gründen. Und letztendlich hätte ich mich nie auf dieses Praktikum eingelassen, wenn ich gewusst hätte, dass ich die drei Monate im Schlafzimmer meiner Chefin wohnen würde. Ich denke, es wäre in unserer beider Interesse, wenn ich meine eigene Wohnung hätte.

Da ich sehr ungern unangenehme Gespräche führe, drücke ich mich jetzt schon eine ganze Weile davor, mit ihr diesbezüglich zu reden. Ich nehme es mir in jedem Fall vor, es dieses Wochenende anzusprechen und hoffe, dass es unser Verhältnis nicht verschlechtert. Im "schlimmsten Fall" bleibt alles, wie es ist. Aber es würde das ganze sicherlich nicht einfacher machen, wenn die negativen Energien zwischen uns überwiegen.

Was die Integration angeht, bin ich weiterhin skeptisch und habe nur noch wenige Erwartungen an die verbleibende Zeit, in Bezug auf Leute kennenlernen und wirkliche Freunde zu finden. Vielleicht gelingt es mir trotzdem, noch Gespräche mit einigen Menschen zu führen. Gerade auch die Gespräche mit meinen Lernenden finde ich sehr interessant, oft reden wir über die Unterschiede zwischen Tunesien und Deutschland und momentan lerne ich auf diese Weise am meisten über Land und Leute.
Meine Arbeit macht mir an sich also tatsächlich Spaß und da auch immer die gleichen Leute am Kurs teilnehmen (im besten Fall so 6-7 von 15), fühlt es sich inzwischen recht vertraut an und wir lachen auch oft gemeinsam.
Wie erwartet finde ich also die Arbeit mit Lernenden, die aus einer intrinsischen Motivation heraus Deutsch lernen wollen, deutlich angenehmer und letztendlich natürlich auch einfacher, als mit Jugendlichen, die mehr oder weniger dazu gezwungen werden.

Ich hätte es nie gedacht, aber nach drei Wochen mit täglich 30 Grad und mehr, freue ich mich jetzt schon auf den Herbst in Westeuropa :D Bei der Recherche für meinen Unterricht, bin ich diese Woche auch über das Thema Herbst in Deutschland gestolpert und dachte mir, dass ich meine Lernenden ja auch auf diese sehr grauen, regenerischen Tage vobereiten muss. Also haben wir Ende August über  die dritte Jahreszeit gesprochen und ich hab mich noch nie so schwärmerisch darüber reden hören :D

Aber diese krasse Hitze ist einfach nichts für mich. Was das Entdecken des Landes (oder zumindest der Stadt) angeht, hoffe ich einfach, dass das auch bei diesen hohen Temperaturen funktioniert...für das bevorstehende Wochenende hatte ich mir wieder einiges vorgenommen, allerdings sollen es 40 Grad werden. Das senkt die Motivation dafür dann doch erheblich.