Freitag, 08.09.2023

Ein Ausflug nach Carthage

Mehr und mehr zähle ich die Tage, bis das Praktikum vorbei ist. Ich weiß nicht mal so richtig, was genau die ganze Situation jetzt noch so viel mehr verschlechtert hat, aber ich finde es momentan wirklich nur noch schwer auszuhalten. Ich hatte die Idee, mir ein Airbnb zu suchen für das Wochenende, direkt am Meer. Um einfach mal rauszukommen und mich richtig entspannen zu können. Nun wird das leider nichts. Am Donnerstagabend für Freitag buchen ist dann doch etwas zu kurzfristig. Also muss ich schauen, dass ich das Wochenende gut rumbekomme. Mich belastet das gerade alles so sehr, dass es mich eher lähmt.

Eine gute Nachricht ist, dass ich meine Prüfungsleistung doch nicht mehr machen muss. Damit habe ich eine riesige Last weniger auf den Schultern und theoretisch nun mehr Zeit, um die Stadt zu erkunden und meine Bachelorarbeit weiter zu planen. Theoretisch. Wie gesagt, momentan habe ich eher das Gefühl still zu stehen. Ich möchte rennen, aber ich kann nicht. Mein einziger Lichtblick ist die Ankunft meiner Eltern in eineinhalb Wochen, dann habe ich ein paar Tage frei und wohne mit ihnen im Hotel.

Aber um meine gedrückte Stimmung jetzt nicht komplett hier auszulassen, will ich noch von meinem Erlebnis am letzten Sonntag erzählen. Ich hatte mir ja bereits seit Wochen vorgenommen, endlich das Nationalmuseum von Carthage zu besuchen. Ein Museum, dass die faszinierende Geschichte der Stadt Karthago in der Antike beleuchtet.

Naja, in der Annahme, dass ich mich dort in klimatisierten Innenräumen bewegen würde, habe ich meinen Besuch so geplant, dass ich ziemlich genau um 14 Uhr dort ankam. Vor mir ein riesiger Platz und keine Menschenseele. Ich war etwas überfordert, denn das hatte ich nun nicht erwartet. Zum Glück nahm sich ein älterer Souvenirshopbesitzer meiner an (natürlich nicht ohne Hintergrundgedanken, aber dazu später) und hat mir netterweise erklärt, wie, wo, was ist. Das Museum sei zurzeit geschlossen, aber der archäologische Park daran anschließend geöffnet.

Ich musste also ein Ticket kaufen, was die nächste Herausforderung wurde. Nachdem ich bereits drei Mal gesagt hatte, dass ich eine Karte haben möchte, da ich ja offensichtlich alleine unterwegs war und der Verkäufer mich scheinbar noch immer nicht verstanden hatte, sagte ich „Je suis seule“. Ich bin alleine. Das verstand er dann und hat seinerseits darauf einen sehr unglücklichen Flirtversuch gestartet. Was mir natürlich erst im Nachhinein so richtig klar geworden ist, nachdem ich einen Zettel mit seiner Nummer drauf zusätzlich zu meiner Eintrittskarte bekam :D Daraufhin war ich dann wieder vollkommen verunsichert von meinen Französischkenntnissen. Hatte ich ihm jetzt gesagt, dass ich Single wäre anstatt dass ich allein bin? Nein, habe ich nicht, nachdem ich mich dann auch nochmal bei meinen Kolleginnen rückversichert habe. Naja.

Dann war ich also in diesem archäologischen Park. Mit mir gefühlt zehn andere Menschen. Komplette Mittagshitze und kaum Schatten. Dazu kam, dass es auch kaum Informationen gab an den verschiedenen Ruinen. Ohne eine geführte Tour ist das ganze in jedem Fall eindrücklich, aber mich hätten die genauen Geschichten doch sehr interessiert.  So bin ich eine ganze Weile rumgelaufen, bis ich endlich ein schattiges Plätzchen auf einer Bank finden konnte. Ich wollte auch nicht nach einer halben Stunde schon wieder gehen.

Dazu muss man wissen, dass es eine ganze Reihe von Ausgrabungsstätten von Karthago in der Umgebung gibt, die man besuchen kann. Und das Ticket, was ich gekauft hatte, ist für alle diese Sehenswürdigkeiten gültig. Aber alle gerade so unglücklich weit voneinander entfernt, dass es für einen Spaziergang bei 30 Grad und Sonne in jedem Fall zu weit ist. Ich hatte dummerweise nicht genug Geld mitgenommen, nur so viel, dass ich mir ein Taxi zurück leisten konnte.

Letztendlich bin ich doch fast eineinhalb Stunden dort gewesen und am Ende wurde es auf einmal deutlich voller. Dann war die Wärme auch schon wieder etwas erträglicher. Am Ausgang wurde ich direkt vom Souvenirverkäufer vom Anfang abgefangen. Ich sagte ihm, dass ich kein Geld dabeihätte, was ja auch tatsächlich so war. Es ging ein bisschen hin und her und natürlich war sein Bestreben, mir was verkaufen zu wollen. Und doch habe ich mit diesem älteren Herrn eine der nettesten Erfahrungen bisher gehabt. Er war sehr geduldig, was mein Französisch anging, und das hat mir enorm geholfen. Denn im Gegensatz zu der Überzeugung mancher Menschen hier, kann ich sehr wohl Französisch sprechen. Ich habe wenig Übung, weshalb ich oft nach Worten suche. Aber mit dem richtigen Gegenüber funktioniert die Kommunikation letztendlich doch recht gut. Am Ende fragte ich ihn noch nach dem Weg zum Meer und habe ich ihm eventuell versprochen, dass ich in zwei Wochen mit meinen Eltern wiederkomme, mit Geld dann diesmal. Mal schauen.

Weiter ging es für mich zum Meer, was eine Viertelstunde entfernt war. Auch dort war leider wieder kein Strand, aber allein der Anblick und das Rauschen des Ozeans sind schon sehr heilsam. Von dort habe ich dann ein Taxi zurück nach Hause genommen.

Fazit: Diese Ausflüge allein bleiben eine Herausforderung für mich. Es gibt immer wieder Situationen, in denen Dinge anders laufen als ich es gewöhnt bin und die mich daher verunsichern. Ich habe meistens ein konstantes unangenehmes Aufgeregtheitsgefühl im Bauch und entspanne mich erst wieder, wenn ich in meinem Zimmer bin.